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Kommunen, kommuniziert!

Kommunikation zählt zu den wichtigsten Faktoren, um Projekte erfolgreich umzusetzen und um Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen. Wie klassische Kommunikationswege und Social Media zusammenspielen und warum Kommunen eine Kommunikationsstrategie benötigen.

Digitalisierung ist zu 20 Prozent Technik und zu 80 Prozent Kommunikation, Organisation, Struktur und Prozess. In meinen Projekten zur digitalen Agenda oder allgemein zur Digitalisierung steht das Thema „Kommunikation“ immer ganz vorn auf der Verbesserungsliste.

Ein Grund ist, dass Kommunikation in digitalen Zeiten anders als bisher funktioniert. Heute findet Kommunikation gleichzeitig im analogen wie auch im digitalen Raum statt. Die Organisation der Kommunen trennt aber meist beide Bereiche in Presse und Social Media (so sie denn dort sind). Tatsächlich funktionieren die Kanäle jedoch alle komplett unterschiedlich und haben auch sehr unterschiedliche Aufgaben.

One-Way-Kommunikation versus Dialog

Pressemitteilungen sind meist lang, geben meist komplexe Informationen, sind nicht besonders ansprechend. Weshalb sie nie, nie, nie einfach so gepostet werden sollen. 

Homepages sind statisch, bieten möglichst alle Informationen zu den Belangen der Kommune und zeigen die Kommune in Gänze. Diese beiden Kanäle sind „one way“, denn es gibt kaum bis keine Möglichkeit eines Austauschs im Dialog. Die Texte, die dort verwendet werden, werden langwierig erarbeitet und sind fix.

Facebook, Instagram, Twitter sowie die anderen digitalen Kanäle bieten hingegen die Möglichkeit des Austauschs und echten Dialogs. Sie sind vor allem dann erfolgreich, wenn dialogorientiert gearbeitet wird. Menschen haben die Möglichkeit, nachzufragen, Meinungen einzubringen oder einfach nur mitzulesen. 

 

Diese Kanäle sind direkt, schnell und unmittelbar. Mehr als 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind auf diesen Kanälen unterwegs. Dies sind erheblich mehr Menschen als solche, die Tageszeitungen lesen. Die Schnelligkeit und der Dialog erfordern eine komplett andere Kommunikation als Pressemitteilungen. Kein Tweet kann per Umlaufmappe vorab abgezeichnet werden. Diejenigen, die dort kommunizieren, brauchen Freiräume. Zudem brauchen Kommunen eine klare Kommunikationsstrategie. Diese klärt, welche Kanäle welche Aufgabe erfüllen sollen und wie sie genutzt werden. Be- standteil der Kommunikationsstrategie sind sogenannte Social Media Guidelines. Sie bilden die Basis für die Aktivität der Social-Media-Redaktion. Darin wird zum Beispiel auch geklärt, ob Humor „erlaubt“ ist.

Ziele einer guten Kommunikationsstrategie

Kommunikation im Dialog ist die Basis für Vertrauen. Vertrauen ist die Basis für Akzeptanz und alles zusammen ist die Basis für eine zeitgemäße Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern.

 

Dialogorientierte Kommunikation bietet fünf Vorteile:

 

1. Kommunen können durch Social Media eine hohe Reichweite erlangen und somit Informationen sehr gut verbrei- ten. Zielgruppen (potenzielle Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter, Touristinnen und Touristen, Unternehmen usw.) können zielgerecht angesprochen werden.

 

2. Zuverlässige Informationen genießen hohes Vertrauen. Kommunen, und vor allem auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sind die Gesichter der Kommune. Dieses Vertrauen gilt es zu nutzen und auszubauen.

 

3. Der Imagegewinn durch gute Kommunikation und Dialog zahlt sich auch bei der Personalgewinnung aus – ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

 

4. Die eigene Kommunikation ist unabhängig von Dritten.

 

5. Durch Dialog bekommen Kommunen eine direkte Rückmeldung. Das ist einerseits eine gute „Wasserstandsmeldung“, andererseits lassen sich kleinere Missverständnisse schnell ausräumen. Wenn eine Fehlinformation erst einmal die Runde gemacht hat, ist sie erheblich schwieriger wieder einzufangen.

 

An den Beispielen „Corona“ und „Bürger*innenbeteiligung“ lassen sich die Ziele und Möglichkeiten sehr gut erläutern.

 

Corona: In Zeiten von Corona ist die Bedeutung zuverlässiger und vertrauensvoller Information noch einmal wichtiger geworden. Kommunen haben die besondere Aufgabe, sich täglich verändernde Sachverhalte und notwendige Verhaltensempfehlungen oder -anordnungen zu vermitteln. Dazu gibt es viele Nachfragen, die Verordnungen der Länder (die die Kommunen dann umsetzen müssen) sind nicht immer verständlich verfasst. Die Kommunen haben hier besonders die Aufgabe, zu übersetzen, zu erklären und Akzeptanz für die Maßnahmen zu schaffen. Das ist durch Pressemitteilungen oder einen Link auf der Homepage nicht zu gewährleisten. Die Homepage ist der Ort, an dem alle Texte leicht auffindbar sein müssen und somit immer wieder verlinkt werden können.

 

Kommunikation in Social Media bietet die Möglichkeit, Nachfragen zu lösen, Anmerkungen zu machen oder schlicht aufzuklären und Fakten klarzustellen.

 

Je nach Größe der Kommunen übernehmen auch viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister diese Aufgabe (mit). Die Insights (Statistiken bei Facebook und Instagram) zeigen, dass sie eine hohe Reichweite haben. Die Reichweite liegt zuweilen höher als die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner. Auch wenn ein paar „Ortsfremde“ abzuziehen sind, zeigt dies eindrücklich, dass die Nachfrage nach zuverlässigen Informationen aus erster Hand sehr groß ist.

Bürgermeister*innen sind auf SocialMedia die Gesichter und die "Kümmerer" der Kommune.

 

Zeitungen können diese Aufgabe aus verschiedenen Gründen nicht gewährleisten. Online sind die Informationen sofort verfügbar und die Kommune kann im Bedarfsfall sofort agieren. Bis es in der Zeitung steht, ist es schlicht zu spät. Außerdem ist die Reichweite von Zeitungen deutlich zu gering und viele Zielgruppen werden überhaupt nicht erreicht. Zudem muss Kommunikation von Kommunen da stattfinden, wo die Menschen sind. Und die sind online unterwegs.

Das online-Angebot der Tageszeitungen ist zudem meist unmoderiert. In meinen Augen ist dies tatsächlich ein klassischen Fall von "worst practice", weil die regionalen Tageszeitungen gleichzeitig immer mehr auf "clickbait" setzen. Reißerische Überschriften sollen Leser*innen hinter die Paywall locken. Ergebnis ist, dass die Kommentare sich meist nur auf diese reißerischen Überschriften beziehen. Die Redaktionen machen sich hier einen schlanken Fuß und überlassen dem Hass ihre Kommentarspalten. Ein anderes Thema, aber es ist an dieser Stelle besonders zu erwähnen, weil zuweilen regionale Zeitungen gegen die Angebote der Kommunen auf SocialMedia vorgehen. Sie befürchten einerseits Konkurrenz, machen andererseits aber ihren Job nicht. 

 

Bürger*innenbeteiligung: Überall wird diskutiert, die Bürgerinnen und Bürger mehr zu beteiligen, zu manchen Themen sind

Beteiligungsverfahren zwingend vorgeschrieben. Basis für funktionierende Beteiligungsverfahren sind zuverlässige Informationen. Diese müssen erläutert werden. Das geht grundsätzlich auch auf einer Homepage mittels Veröffentlichung, aber dann fehlt der Dialog.

Manche stehen auf dem Standpunkt, dass keine Kommunikation stattfindet, wenn sie nicht auf Facebook oder anderswo sind. Das ist eine komplette und folgenreiche Fehleinschätzung. Denn es findet auf jeden Fall Kommunikation statt, nur im Zweifel dann ohne die Kommunen. Das ist eine fatale Situation und die Möglichkeit des Dialogs wird komplett verschenkt. Zudem wird die Informationshoheit anderen überlassen. Das kann auch schiefgehen. Vor allem bei strittigen Debatten in einer Kommune ist es wichtig, dass die Kommune selbst immer wieder mit zuverlässigen Fakten die Debatte unterstützt.

Was hat das nun mit Digitalisierung zu tun?

Digitalisierungsprojekte von Kommunen sind erfolgreich, wenn sie kommuniziert und Menschen beteiligt werden. Es geht darum, kommunale Netzwerke aufzubauen und zu aktivieren.

Teilbereiche der Kommunikation werden bereits automatisiert, Chatbots sind dafür ein Beispiel. Sie können auf Homepages eingesetzt werden und reduzieren Mailanfragen nach Öffnungs- zeiten und anderen einfachen Informationen. Es gibt auch bereits Projekte, bei denen die Eingaben bei Beteiligungsverfahren durch Künstliche Intelligenz (KI) ausgewertet werden – ein spannender Ansatz, der sicherlich in den nächsten Jahren große Fortschritte machen wird.

Letztendlich ist Digitalisierung geprägt durch die schnelle Kommunikation, durch die Verfügbarkeit von Informationen für alle und durch die Möglichkeit des direkten Austauschs und Dialogs mit Menschen, die nicht am selben Ort sind. Das ist eine riesige Chance für Kommunen. Nutzt sie!

Handlungsempfehlungen

 

■■ Entwickelt  eine Kommunikationsstrategie für die Kommune und beziehen Sie alle Kanäle mit ein. Auch die, die man nicht bespielen will.

■■ Professionalisiert die Kommunikation, investiert in Kommunikation. Es zahlt sich aus.

■■ Bedenkt, dass alle immer kommunizieren. Die Kommune, die Mitarbeitenden, die Menschen.

Seid aktiv Handelnde.

Dieser Artikel eine geänderte Version eines Artikels, der im November 2020 in "Innovative Verwaltung"  erschien.

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